26. September 2014

Pflanzen von früher. Brennnessel

Wo sind all die Brennnesseln, wo sind sie geblieben? Was ist geschehen?
In meiner Kindheit hat man sich ständig an Brennesseln (damals nur mit nn) "verbrannt". Gerade in der Stadt lauerten sie praktisch an jeder Bushaltestelle, Laterne und Litfaßsäule, auf Parkplätzen und Baustellen, neben Telefonzellen und Kaugummiautomaten. Gut, einige dieser Dinge gibt es auch ohne Brennnesseln nicht mehr. Aber auch in öffentlichen Parkanlagen, auf Schulhöfen und Sportplätzen war es brenzlig. Kaum eine Schmerzerinnerung der Kindheit ist so einprägsam wie das Brennen der Nessel. Vielleicht noch das Gefühl nachts barfuß auf einen Legostein zu treten.
Aber jetzt, alle weg. Meine armen Kinder kennen die Quaddeln auf der Haut und dieses Beiß-und Zwickgefühl gar nicht!
Auch nicht aus unserem Garten, obwohl es da diese ungenutzte Ecke gibt, in der man jahrzehntelang nichts finden konnte, ausser eben Brennnesseln. Jetzt wächst dort giftiger Efeu. Liegt das am Stickstoffgehalt? Nein.
Meine Theorie ist, dass die Brennnessel genau in dem Augenblick, als ihr Siegeszug als wiederentdeckte Heil-und Kulturpflanze begann, aus der Stadt verschwand. Mit einem "Ätsch-zu-spät" hat sie sich rar gemacht. Jetzt ist sie populär wertvoll und muss extra angebaut werden. Es gibt soviele Tee-, Saft- und Jaucherezepte für was und gegen die Pflanze hilft, dass alle anderen Pflanzen eigentlich gehen könnten. Bitte nicht!

 Steile Karriere. Übertrumpft noch Löwenzahn und Gänseblume. Nesselstoff wird sicher auch bald teuer.